Mit KI erzeugtes Bild in Ölmalerei-Optik, auf dem Kopf und Schultern einer weiblichen Figur zu sehen ist, die zur einen Hälfte Cyborg und zur anderen Hälfte Mensch ist

Daten analysieren, Muster erkennen

KI-Technologien auf dem Vormarsch

Unser Alltag ist von Künstlicher Intelligenz (KI) durchdrungen. Mal mehr, mal weniger bewusst setzen wir sie beispielsweise ein, um per Gesichtserkennungssystem unsere Smartphones zu entsperren, wenn wir in modernen Autos automatisierte Fahrfunktionen nutzen, um uns auf Streaming-Plattformen Filme und Songs empfehlen zu lassen oder wenn wir in Dialog mit Chatbots treten, um Antworten und Lösungen für Fragen und Probleme zu erhalten. Dabei ist KI mehr als nur ein technologischer Fortschritt. Es ist ein Thema, das alle Lebensbereiche durchdringt und das Potenzial hat, etliche davon fundamental zu verändern und zu einem Paradigmenwechsel zu führen. Damit hat es zugleich eine emotionale und politische Tragweite.

Eine Frage der Intelligenz

Aber was ist überhaupt Künstliche Intelligenz? Eine frühe und anerkannte Definition von John McCarthy aus dem Jahr 1955 bezeichnet KI generell als die Fähigkeit von Maschinen, Aufgaben zu erledigen, die typischerweise menschliche Intelligenz erfordern. Daran knüpft sich sogleich die nächste Frage: Was macht Intelligenz genau aus? Viele Forschungen beschäftigen sich bis heute mit dieser Fragestellung und werden es auch künftig tun. Allgemein kann man wohl aber sagen, dass Intelligenz die Fähigkeit umschreibt, neues Wissen zu erlernen und dieses in einen Sinnzusammenhang zu bringen. Insofern setzt sich Künstliche Intelligenz aus maschinellem Lernen und einem automatisierten logischen Denken zusammen.

Das Grundprinzip von KI-Systemen besteht darin, durch Datenanalyse und Mustererkennung zu lernen, zu „denken“ und dadurch komplexe Probleme zu lösen.

Wie KI-Systeme funktionieren

Mit dem zunehmenden Aufkommen von Big-Data-Technologien hat KI in den vergangenen Jahren mehr und mehr eine datenfokussierte Konnotation erhalten. Diese spiegelt sich auch in der Definition wieder, die eine von der EU-Kommission ernannte Expertengruppe für Künstliche Intelligenz 2019 formuliert hat: Demnach sind KI-Systeme vom Menschen entwickelte Software- (und möglicherweise auch Hardware-) Systeme, die in Bezug auf ein komplexes Ziel auf physischer oder digitaler Ebene agieren. Sie nehmen ihre Umgebung durch Datenerfassung wahr, strukturieren die gesammelten Daten, interpretieren sie, ziehen Schlussfolgerungen daraus oder verarbeiten die aus Daten abgeleiteten Informationen, um letztendlich das vorgegebene Ziel zu erreichen.

Das Grundprinzip von KI-Systemen besteht also darin, durch Datenanalyse und Mustererkennung zu lernen, zu „denken“ und dadurch komplexe Probleme zu lösen. Hierbei kommen vor allem Technologien aus den Bereichen maschinelles Lernen – weiter unterteilt in die Bereiche überwachtes Lernen, unüberwachtes Lernen und bestärkendes Lernen –, Computer Vision und Algorithmen zur Verarbeitung natürlicher Sprache zum Einsatz. Das Ergebnis sind automatisierte, intelligente Computersysteme mit menschenähnlichen kognitiven Fähigkeiten für reale Anwendungsbereiche. Sie eignen sich besonders, um vor allem wiederkehrende Aufgaben automatisiert zu erledigen und große Datenmengen schnell zu verarbeiten, zu strukturieren und auszuwerten.

Das Spektrum von KI-Technologien und -Techniken ist groß und streckt sich über alle denkbaren Bereiche in Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft.

Das Spektrum von KI-Technologien und -Techniken ist groß und streckt sich über alle denkbaren Bereiche in Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. So werden KI-Anwendungen beispielsweise im Finanzsektor zur Bewertung von Kreditanfragen, der Detektion auffälliger Transaktionen oder im Aktienhandel eingesetzt. Im Bereich Logistik werden etwa Bedarfsprognosen oder Routenplanung durch KI optimiert. Mit dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt REIF soll eine „verlustoptimierte Beschaffungs- und Verkaufsstrategie“ mithilfe von KI möglich sein und damit Lebensmittelverschwendung reduziert werden. Und auch in der Medizin kommt KI bereits an vielen Stellen zum Einsatz, z.B. bei der Analyse von medizinischen Bildern, um Anomalien schnell und zuverlässig erkennen und medizinisches Personal bei der Diagnose unterstützen zu können. In der medizinischen Forschung soll KI außerdem helfen, durch Analyse hochdimensionaler Sequenzierungsdaten Krankheitsursachen zu erforschen und neue Wirkstoffe zu entwickeln. KI verändert außerdem die Softwareentwicklung: KI-Tools können helfen, die Codeentwicklung zu beschleunigen, und reduzieren Einstiegshürden beim Programmieren, indem sie Codes vorschlagen, automatisch vervollständigen, testen und Fehlermuster identifizieren.

Vierer-Kombination von Bildern, die von der KI zum Stichpunkt Dual-Use_Charakter erzeugt wurden

Gewinn für die Verwaltung?

Viele der Anwendungen aus Wirtschaft und Forschung bergen auch für die öffentliche Verwaltung großes Potenzial. So können KI-Programme helfen, Dienstleistungen im Verwaltungsprozess schneller und effizienter zu erbringen und besser auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger einzugehen – etwa durch die Bereitstellung von Assistenzsystemen, die Anfragen in fremder und leichter Sprache beantworten, Akten strukturieren und zusammenfassen oder automatische Protokolle erstellen.

Technologie mit zwei Seiten

 Die rasante Entwicklung von KI in den letzten Jahren wirft jedoch auch ethische und rechtliche Bedenken auf, denn sie bringt auch Risiken mit sich. Wie bei vielen anderen Technologien ist hier der Dual-Use-Charakter (Doppelverwendungsfähigkeit) Grundlage vieler Debatten, also die Tatsache, dass derartige Technologien nicht nur zivilen Maßnahmen, sondern beispielsweise auch militärischen Zwecken dienen. Kritisch wird es auch beim Umgang mit personenbezogenen Daten. Hier hat nicht nur die EU die Notwendigkeit einer Regulierung erkannt, auch andere internationale Organisationen wie die UNESCO oder die OECD arbeiten aktiv an der Erstellung von Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von KI. Darüber hinaus wird ein Engagement der EU beim Ausbau einer eigenen KI-Infrastruktur und -Kompetenz von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung und Anwendung von verantwortungsvoller KI sein, die das menschliche Wohlergehen fördert, während Risiken minimiert und die Grundrechte gewahrt werden.

Wie bei vielen anderen Technologien ist hier der Dual-Use-Charakter (Doppelverwendungsfähigkeit) Grundlage vieler Debatten, also die Tatsache, dass derartige Technologien nicht nur zivilen Maßnahmen, sondern beispielsweise auch militärischen Zwecken dienen.

Obwohl KI bemerkenswerte Leistungen erbringt, muss man sich vor Augen führen, dass sie nur innerhalb von vordefinierten Grenzen und Zielen arbeitet. Es liegt also nicht in ihrer Natur, „out of the box“ zu denken. Es bleibt Aufgabe des Menschen, diese Grenzen und Ziele ebenso wie die Wertesysteme zu definieren, innerhalb derer sich KI-Systeme bewegen, um möglichst gewinnbringende und vorurteilsfreie Entscheidungen innerhalb des geltenden Rechtsrahmens zu finden.

Als Teil ihrer digitalen Strategie bereitet die EU ein KI-Gesetz vor, um klare Rahmenbedingungen für Entwicklung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz zu schaffen. Über die Ausgestaltung sind die EU-Mitgliedsstaaten seit Mitte Juni 2023 im Gespräch. Ziel ist es, bis Ende des Jahres eine Einigung zu erreichen.

Autorin des Beitrags

Dr. Magdalena Kircher
IT-Entwicklungsleiterin Machine Learning / Künstliche Intelligenz / Data Science